Immanenz: Ein Leben … Friedrich Nietzsche

Authors

  • Arno Böhler University of Vienna

DOI:

https://doi.org/10.21476/PP.2017.32176

Keywords:

Nietzsche, Asketisches Ideal, Hinterwelt, Leib, Körper, Kunst, Künstlerische Forschung, Kusntbasiertes Philosophieren, Philosophy on Stage, Performance, Immanence

Abstract

Deutsch:

Im ersten Teil verhandelt der Text Nietzsches These, dass transzendente Interpretationen des Lebens in einer verborgenen Aggression lebendiger Organismen gegen das Leben als solches basieren. Nietzsche war vermutlich der Erste, der davon ausging, dass „metaphysische Annahmen“ in einem falschen Bild des Denkens gründen, das nicht zufällig, sondern konstitutiv den Blick auf unsere Instinkttätigkeiten verdrängt, die in den Souterrains unserer Leiblichkeit am Werk sind.

Um zu begreifen, was für Nietzsche im Problem „Transzendenz versus Immanenz“ auf dem Spiel steht, muss man daher sein neues Konzept des Körpers untersuchen. Körper werden von ihm nicht mehr als massive, an sich seiende Dinge gedacht, sondern als weltweit exponierte Entitäten, die einer Vielheit von Kräften ausgesetzt sind. Einerseits den Kräften, die in den Souterrains der Leiblichkeit mehr oder weniger unbewusst am Werk sind, andererseits den Kräften, die Körper in ihrem In-der-Welt-sein von außen her weltweit affizieren.

Im zweiten Teil wird das Forschungsfestival Philosophy On Stage#4. Nietzsche et cetera (Tanzquartier Wien 2015) als Beispiel eines kunst-basierten Philosophierens analysiert, das der Philosophie ihre Leiblichkeit, Materialität und Sinnlichkeit zurückgibt, indem es den Akt des Philosophierens auf der Bühne ausstellt und damit leiblich exponiert. Eine philosophische Denkungsart, die für Nietzsche in Opposition zum klassisch asketischen Bild des Denkens steht und daher einer neuen Gattung von Künstlerphilosoph_innen bedarf, die bereit und willens sind, mit Nietzsches Zarathustra zu fordern: „bleibt der Erde treu“.

English:

I will argue in this text that the very foundation of a transcendent interpretation of life is based on a hidden aggression of living beings against life itself. Nietzsche was probably the first who discovered the fact that “metaphysical believes” are finally grounded in a false image of thought, which avoids––not arbitrarily, but constitutively––to have a close look at the instinctive activities, operative in a body.

In order to understand what is finally at stake for Nietzsche in the problem transcendence versus immanence, one therefore has to understand his new concept of the body. The body, not as a massive thing in itself, but a worldwide being, exposed to a multitude of forces, subconsciously operative in the cellar regions of a body as well as in the worldwide affections, a body is exposed to in its being-in-the-world.

In the second part of my paper I will address the research-festival Philosophy on Stage#4, Nietzsche et cetera (Tanzquartier Wien 2015) as an example, in which philosophy is realized as an artistic research practice that gives back to philosophy its corporeality, materiality and fleshly sensibility by staging philosophy. A way of philosophising, which counters the classical ascetic image of thought and thus demands a new species of “artist-philosophers,” able and willing to demand, in line with Nietzsche’s Zarathustra, to “stay true to the earth”.

Author Biography

Arno Böhler, University of Vienna

Arno Böhler ist Universitätsdozent am Institut für Philosophie der Universität Wien und Gründer des Performance-Philosophie Festivals Philosophy on Stage. Derzeit leitet er das Forschungsprojekt „Artist-Philosophers: Philosophy AS Arts-based-Research“ an der Universität für angewandte Kunst Wien, gefördert vom Austrian Science Fund (FWF): AR275-G21. Böhler ist Mitbegründer des Forschungszentrums für artistic research und arts-based philosophy in Indien BASE art philosophy ecology sowie Leiter des dortigen Residenzprogrammes.

Forschungsaufenthalte an der Universität Bangalore, der Universität Heidelberg, der New York University und Princeton University. Einladung zu Gastprofessuren am Institut für Philosophie der Universität Wien, an der Hochschule für Künste Bremen, an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien (Max Reinhardt-Seminar) sowie an der Universität für angewandte Kunst Wien. 1997, gemeinsam mit der Schauspielerin Susanne Granzer Gründung der wiener kulturwerkstätte GRENZ-film. 

References

Böhler, Arno, und Susanne Granzer. 2015. „Philosophy on Stage#4.” Leporello zum Forschungsfestival Philosophy on Stage#4, Wien, Österreich, November 26-29.

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Published

21-12-2017

How to Cite

Böhler, Arno. 2017. “Immanenz: Ein Leben … Friedrich Nietzsche”. Performance Philosophy 3 (2):324-51. https://doi.org/10.21476/PP.2017.32176.